Die Schützen in der bürgerlichen Gemeinschaft


von Wolfgang Freese

Im Jahr 2020 blickte der Schützenverein Kamen auf sein 200jähriges Bestehen zurück. Nach dem Festakt am 26. Januar freuten sich die Vereinsmitglieder und viele mit den Schützen verbundene Menschen auf festliche Tage, auf ein erinnerungswürdiges Schützenfest im Juli und August. Die Corona-Pandemie riß uns aus den schönsten Träumen. Noch ist nicht abzusehen, wann dieses mit viel Engagement und großem Aufwand geplante Jubiläumsschützenfest nachgeholt werden kann.

So war ausreichend Zeit zum Nachdenken und daraus ergab sich für den Chronisten die Gelegenheit, sich über die Bedeutung des Schützenwesens für die bürgerliche Gemeinschaft im Laufe der Geschichte ein paar Gedanken zu machen und das Ergebnis in Form eines mit Bildern illustrierten Vortrags vorzustellen. Die Geschichte des Kamener Schützenwesens allein hätte nicht genug Stoff für solch eine Betrachtung geboten, so daß auch bezeichnende und interessante Beispiele aus anderen Quellen Eingang in die Darstellung fanden.

Das Thema, das ich für meinen Vortrag gewählt habe, ist für uns Schützen zeitlos. Denn immer wieder stellen sich uns Fragen:

Wo stehen wir in unserer bürgerlichen Gemeinschaft?
Wie werden wir von unserem Umfeld gesehen?
Wie können wir uns in die bürgerliche Gemeinschaft einbringen, welche Möglichkeiten haben wir?
Und vielleicht auch: Was wird von uns erwartet?

Hier eine kurze Übersicht über die Abschnitte des Vortrags:

  1. Einleitung
  2. Zeit bis zur Französischen Revolution
  3. Zeit bis zur Reichsgründung
  4. Aus dem Kamener Schützenwesen 1871–1945
  5. Die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg
  6. Situation heute und Ausblick
  7. Quellen und Literatur

 1. Einleitung:

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  BILD 1: Schützen-Scheibe von 1612



Zur Wahl dieses Themas habe ich überlegt, wie ich es am besten illustrieren kann.

Dabei stieß ich auf das Motiv einer Ehrenscheibe, die ich im Scheibenbuch des Herzogs Johann Casimir von Sachsen-Coburg gefunden habe. Die Scheibe wurde im Jahre 1612 zu einem Preisschießen am herzoglichen Hofe gestiftet.

Die Scheibe zeigt 2 Figuren, eine weibliche mit Panzer und Helm bekleidet, aber ohne Waffen, dafür mit einem Buch in der Hand, die männliche als Landsknecht dargestellt mit Degen, Büchse, Gewehrgabel und qualmender Lunte.

Die lateinische Schrift über den Köpfen "ET LITERIS ET ARMIS" - zu Deutsch: "Sowohl die Wissenschaft als auch die Waffen" - zeigt an, was die beiden symbolisieren sollen: die Frau eben Wissenschaft und Bildung, der Mann steht für den Krieg, beide aber auch für Verteidigungsbereitschaft.

Ich möchte den beiden Gestalten aber für unser Thema diese Bedeutung geben: die Frau für den zu schützenden Teil der Gesellschaft, der Mann für den Schutz bietenden Teil, also für die Schützen.

Zur Einführung begeben wir uns auf eine Zeitreise in die flandrische Hauptstadt Gent. Sie ist um 1300 die zweitgrößte Stadt nördlich der Alpen. Im Jahr 1300 sind erstmalig die Genter Bogenschützen urkundlich erwähnt.

Am 28. Juni des Jahres 1301 zieht eine Prozession in der Nähe von Gent zu einer Bauernkirchweih in das Nachbardorf Hautem. Dabei entsteht aus unbekannten Gründen eine handfeste Schlägerei, bei der auch Bürger der Stadt Gent verprügelt werden. Vielleicht spielt dabei auch schon berühmtes belgisches Bier eine Rolle. Die Genter fühlen sich in ihrer Ehre verletzt, und laut Chronik zieht „die Gemeinde von Gent“ in Waffen aus und brennt das Dorf nieder.

Den Anlaß für solch ein Geschehen finden wir möglicherweise auch noch heute. Der Altmeister deutschen Humors, Wilhelm Busch, hat dazu einmal gesagt: „Willst du Schläge, so tanz auf der Kirchweih!“

Wir können davon ausgehen, daß die Bewaffneten von der städtischen Schützengilde angeführt wurden.

Was sagt uns diese brutale Vergeltungsaktion zu unserem heutigen Thema?

a.) zur Stadt und ihren Bürgern:

Die Schützen fühlen sich nicht nur zur Verteidigung gegen bewaffnete Feinde verpflichtet, sondern auch zur Revanche bei gekränkter Ehre, d.h. in unserem Fall wird mit dem Schutzgedanken Mißbrauch getrieben.

Was erwartete demnach die Bürgerschaft von den Schützen?

Sie sollen mit ihrer Verteidigungsfähigkeit auch dem Zusammenhalt der Bürgerschaft dienen. Dadurch wird aber auch die Formung zu einer elitären Gesellschaft gefördert. Wir werden das noch an Beispielen sehen. (Breslau)

b.) zum Umland der Städte, also dort wo die bäuerliche Bevölkerung lebt:

Diese hat nur geringe Schutzmöglichkeiten gegen Feinde, sie ist auf den Landesherrn angewiesen.

Es ist im Rahmen des Vortrags natürlich nicht möglich und auch nicht beabsichtigt, die mannigfaltigen Aspekte des Themas auszuleuchten. Ich möchte aber an einigen Beispielen aus der Geschichte des Schützenwesens einige unterschiedliche Situationen aus verschiedenen Zeitabschnitten darstellen und zum Abschluß versuchen, einen Blick auf die Möglichkeiten der Zukunft zu werfen.

Da der Schützenverein Kamen im Jahre 2020 sein 200jähriges Bestehen feierte, werde ich zu dem Thema vor allem auf Ereignisse aus der Geschichte des Kamener Schützenwesens zurückgreifen.

2. Zeit bis zur Französischen Revolution

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Werfen wir nun einen kurzen Blick auf die Entwicklung des Schützenwesens.

Das 13. und die folgenden Jahrhunderte waren eine Zeit ständiger Fehden, Kriegs- und Raubzüge zwischen den Städten und den Territorialherren. In der befestigten Stadt waren die Menschen geborgen, mussten allerdings selber für ihre Sicherheit sorgen. Die Verteidigung der Stadt wurde Bürgerpflicht. Um den Umgang mit den Waffen, wie Bogen oder Armbrust, zu üben, traf man sich regelmäßig zu Übungen.

Die Entstehung des Schützenwesens im Spätmittelalter geht also auf den trainierten Gebrauch der Kriegswaffen zurück, der entscheidend sein konnte für den Ausgang von wichtigen Schlachten.

1066 eroberten die Normannen England. Dabei wurde auch die Armbrust eingesetzt. Die Engländer wiederum siegten über die Franzosen in den Feldschlachten von Crécy 1346 und Azincourt 1415 in Frankreich dank des Einsatzes des Langbogens als Kriegswaffe.

BILD 2: Eine zeitgenössische Darstellung der Schlacht von Azincourt 1415
Die Schützengilden sind zuerst in den großen Städten nachweisbar. Hier fand die Armbrust als Scharfschützenwaffe Verwendung, da sie besonders bei Belagerungen von Vorteil war. Der Gedanke der Waffenübung zur gemeinsamen Verteidigung fand aber auch auf dem umliegenden Land Nachahmung.
Dazu ein Beispiel aus den Niederlanden aus der Zeit des 30jährigen Krieges:

BILD 3: Schützenmahl, Gemälde von Bartholomeus van der Helst


Aus der Bildbeschreibung des Rijksmuseums Amsterdam:

"Der Westfälische Frieden von Münster beendete 1648 den 30jährigen Krieg.
Als er am 18. Juni 1648 auch das Ende des Krieges zwischen der Republik der Niederlande und Spanien besiegelte, wurde dieses Ereignis in den ganzen Niederlanden gefeiert. Dieses Gemälde von Bartholomeus van der Helst (1613–1670) zeigt ein Festmahl, das die Amsterdamer Bürgergarde veranstaltete. Die Stimmung ist feierlich. Nach der endgültigen Beilegung des langjährigen Konflikts scheinen die Männer nachdenklich. Als Zeichen des Friedens geben sich die Hauptmänner der Bürgergarde (rechts) die Hände, und das Trinkhorn wird herumgereicht. Im Mittelpunkt des Bildes kündet ein Gedicht, das auf die Vorderseite einer Trommel geheftet wurde, von der Freude der bewaffneten Miliz in Amsterdam. Endlich können sie ihre Waffen niederlegen. Die Bürgergarde hat ihre Pflicht erfüllt".


Zu Beginn des 16. Jahrhunderts gewannen durch den Einsatz des Schießpulvers die Feuerbüchse, die Arkebuse und später die Muskete zunehmende Bedeutung und ersetzten im Schützenwesen nach und nach die Armbrust.

Wir sehen, von Schießsport als friedlichem Wettkampf kann noch lange keine Rede sein.

Durch die gemeinsamen Waffenübungen aller Bürgergruppen entwickelten sich die Schützengilden quasi zu städtischen Einrichtungen, und sie blieben dies im Prinzip auch bis zu den großen politischen Umwälzungen der napoleonischen Zeit.

Mit den aufkommenden Söldnerheeren verloren die Schützengilden allmählich an Bedeutung. Vielfach arteten die alljährlichen Waffenübungen zu prunkvollen Schützenfesten aus, und den städtischen Räten dienten Schießspiele und Preisschießen mit Nachbarn und Freunden zur Repräsentation. Häufig griffen bei uns die Landesherren der Grafschaft Mark mit Verordnungen ein, einerseits um die Bildung von Schützenkompanien zu fördern, andererseits um Auswüchse zu beschneiden.

Hierzu und zu den Gilden als quasi städtische Einrichtungen ein paar Beispiele.

Beispiele Kamen: Schnadegang 1568

BILD 4 (Foto Urkunde aus 1568):

Die Stadt Kamen hatte in früheren Jahrhunderten das Recht, bestimmte kriminelle Straftatbestände zu verfolgen, die innerhalb des festgelegten Stadtgebietes verübt worden waren, und Strafen zu verhängen. Für uns heute erstaunlich, was alles dazu gehörte: Messerstechereien, Totschlag, Beleidigungen, Ehebruch, Blutschande und Hurerei.

Damit auch dokumentiert werden konnte, daß die Stadt berechtigt war, solche Maßnahmen durchzuführen, mußten Grenzbegehungen durchgeführt werden, so auch am 4. Mai 1568. An dem Tag haben die Schützen als städtische Bedienstete die Grenzen der Stadt abgeschritten und sich, wie schon öfters geschehen, vergewissert, daß sich alle Grenzmarkierungen, sogenannte Friedenspfähle, noch am richtigen Platz befanden. Durch diesen Schnadegang und das darüber angefertigte Protokoll sind die Rechte (freyheit) der Stadt bestätigt und gewahrt worden.

Im Jahre 1613 beköstigt der Magistrat der Stadt die Schützen mit einem Pfannkuchenessen.

Im August 1707 treffen sich die Herren des Magistrats und die Offiziere der Schützenkompanie zu einem gemeinsamen Mahl beim Stadtkämmerer.

Beispiele Breslau: Schützenfest 1738

Nach dem Dreißigjährigen Krieg setzte sich für das Schützenwesen im verwüsteten Deutschland die Periode des Niederganges fort. In einigen Gegenden, besonders in den größeren Städten, waren aber die alten Feste in das 18. Jahrhundert herübergerettet worden und hatten viel von ihrem alten Glanz erhalten können.

Ein Beispiel davon ist uns für das Jahr 1738 aus der schlesischen Metropole Breslau überliefert worden. Das Schützenfest hatte zu der Zeit durch seine Steifheit und sein anspruchsvolles Gepränge eine Ausformung wie feierliche Staatsakte bekommen. Beachtenswert dabei ist die Beteiligung des Stadtrates. Die folgende Darstellung stammt von dem Schriftsteller Gustav Freytag, und zwar aus dessen Werk „Bilder aus der deutschen Vergangenheit“, das etwa 1860 entstand.

BILD 5: Breslau: Schützen- und Vogelkönig am Ende des 17. Jh.


Am Dienstag nach Pfingsten findet das Königsschießen statt (Zitate in Anführungszeichen).

„Nachdem der Königsschuß gefallen ist, wird der neue König zwei vom Stadtrat bestimmten Kommissaren mit einer feierlichen Rede vorgestellt, und dem König werden die üblichen Geschenke überreicht. Der erste Herr des Rates“, so heißt es dann, „antwortet mit einer ebensolchen Rede. Darauf wird zum Mahl gegangen und nach aufgehobener Tafel der König mit Pauken und Trompeten nach Hause begleitet.“ Auch ist üblich, daß „der König und die Bruderschaft mit Musik durch die Stadt marschieren“.

BILD 6: Breslau: Der Festzug

 „Am Mittwoch darauf gibt der König sein gewöhnliches Silberschießen.“ Es sind 6 Preise zu gewinnen, die aus Bechern und Löffeln bestehen.

BILD 7: Silberlöffel als 3. Preis für ein Preisschießen in Breslau, gestiftet vom Schützenältesten Zacharias Eckstein 1785

 
„Den Sonnabend darauf wird früh um 8 Uhr der König mit dieser Begleitung in seinem kostbaren Ornat vor einem hochedeln gestrengen Rat in die Ratsstube geführet“, wo ein besonderer Redner für den König die Befreiung von öffentlichen Abgaben, Diensten und Lasten erbittet; der Präses des Rates bestätigt dann den König und seine Privilegien.

Soweit der Bericht aus Breslau.

Der 30jährige Krieg bedeutete, wie schon gesagt, einen drastischen Niedergang des Schützenwesens. Es ist die Zeit der Landsknechte, also der Söldnerheere.

Aus dieser Zeit noch einmal ein berühmtes Gemälde:

BILD 8: Nachtwache (Rembrandt) von 1642


Erst allmählich begann ein Wiederaufstieg, zunächst unter dem Aspekt der Selbstverteidigung des Bürgertums. In unserer Heimat wurde dem aber ein Ende gesetzt, als 1733 in Brandenburg-Preußen eine allgemeine Dienstpflicht eingeführt wurde und die Städte der Aushebung von Rekruten unterworfen waren. Die Entwicklung zu privaten Vereinigungen war damit vorgezeichnet. Der Sieg Napoleons über Preußen 1806 machte dem alten Schützenwesen ein Ende.

Als Besonderheit seien an dieser Stelle die Schützenbruderschaften mit Anbindung an die katholische Kirche erwähnt, bis heute lautet ihr Motto:

Glaube, Sitte, Heimat.

Sie genießen bis heute in den katholisch geprägten Gegenden hohes Ansehen.

3. Zeit bis zur Reichsgründung

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Französische Revolution, Napoleon, Nationalbewußtsein

Nachdem Napoleon 1815 endgültig besiegt war, greift man die alten Schützentraditionen vielerorts wieder auf. Auch die Behörden fördern diese Bestrebungen. So unterstützt der Oberpräsident der preußischen Provinz Westfalen, Vincke, in einem Erlaß über den Gebrauch der Gewehre bei Scheiben- und Vogelschießen vom 27. August 1816 ausdrücklich die Wiederbelebung des alten Brauchtums und fordert sogar seine untergebenen Behörden auf, die Schützenkönige namhaft zu machen.

Doch diese Idee brachte offensichtlich keinen Nutzen, sie wurde wohl schnell beiseite gelegt. Die Neubelebung der Schützentradition folgte dann eher unter geselligen Aspekten. Die Schützenfeste entwickelten sich zu Glanzpunkten der bürgerlichen Gesellschaft in einer Zeit, die den Menschen noch nicht viele Abwechselungen vom grauen Alltagsleben bot.

Doch zugleich mischte sich eine andere Idee in die Neuentwicklung.

Die Französische Revolution kann man durchaus als den Hauptanstoß zur Bildung eines Nationalbewußtseins ansehen. Von Frankreich aus griff diese Idee auch bald auf andere europäische Staaten über, so auch auf die deutschen Länder.

BILD 9: Hambacher Fest 27. Mai 1832


Deutschland bestand nach der Beseitigung vieler Klein- und Kleinststaaten durch Napoleon, nach dessen Sturz aus einem lockeren Bund von 41 Einzelstaaten. Das war für viele Deutsche, die die Errungenschaften der Französischen Revolution auch in Deutschland verwirklichen wollten, nicht mehr akzeptabel.

Bürgerliche Oppositionelle, Schriftsteller, Journalisten riefen auf zum Hambacher Fest am 27. Mai 1832. Es stand unter dem Motto: "Für die Erstrebung gesetzlicher Freiheit und deutscher Nationalwürde".

Als Träger einer deutschen Nationalbewegung mit dem Ziel der Errichtung eines deutschen Nationalstaates bildeten sich

– zunächst die Burschenschaften,

– später auch die Turnbewegung (Turnvater Friedrich Ludwig Jahn),

– die Vereinigungen der Sänger (Förderer des Chorgesangs Friedrich Silcher)

– und eben auch die der Schützen heraus.

BILD 10: Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha


Da ist eine Persönlichkeit besonders erwähnenswert, Herzog Ernst II., Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, (* 21.6.1818 Coburg, † 22.8.1893 Reinhardsbrunn). Er förderte nationale und liberale Ideen und unterstützte die verschiedenen Bewegungen. Er spielte eine maßgebliche Rolle bei der Gründung des Deutschen Schützenbundes (DSB) 1861. Seit seiner Jugend war er dem Schützenwesen sehr verbunden und hatte sich als volksnaher Landesherr große Popularität erworben. Nach der Gründung des DSB wurde er dessen erster Protektor. Wegen seines Einsatzes nannte man ihn auch „Schützen-Ernst“ und „Schützenherzog“.

BILD 11: Der preußische Adler


Wir können wohl auf diese Zeit die Verbindung des Schützenwesens mit dem deutschen Patriotismus zurückführen. Spätestens seit der Kaiserzeit ab 1871 kennen wir den Brauch, zur Eröffnung des Vogelschießens einen Ehrenschuß für das deutsche Staatsoberhaupt abzugeben. Dieser Brauch ist in der letzten Zeit - aus welchen Gründen auch immer - leider zurückgegangen.

Für die Zeit zwischen etwa 1820 und 1870 einige Beispiele für die enge Verbindung zwischen den Schützen und der Stadt Camen mit ihrer Bürgerschaft:

a.) In den 1820er und 1830er Jahren erfolgt vielerorts in Preußen die Aufteilung der im gemeinsamen Besitz der Gemeinden befindlichen Fluren und Feldmarken. Bei uns sorgt die Stadt Camen dafür, daß die von den Schützen für Übungen benutzten Grundstücke in städtischem Besitz bleiben und stellt sie dem Schützenverein zur Verfügung. Dazu gehört auch das Gelände der heutigen Schützenheide.

b.) Im Jahre 1868 schießt der damalige Camener Bürgermeister Julius von Basse höchstselbst den Vogel ab und wird Schützenkönig.

BILD 12: J. von Basse



BILD 13: Marktplatz Camen, Die Polonaise zum Fest 1868



Schon seit 1857 ist Julius v. Basse Oberst des Schützenregimentes und bleibt es bis zu seinem Tode 1877. In seiner Ägide beteiligen sich die Schützen selbstverständlich an den Siegesfeiern in der Stadt zur Erinnerung an die deutschen Einigungskriege von 1866 und 1870/71.

4. Aus dem Kamener Schützenwesen 1871–1945

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BILD 14: Medaille 1902 „Ueb Aug & Hand für´s Vaterland“


Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches 1871 beginnt eine Entwicklung zum patriotischen kaisertreuen Bürgertum, die später, insbesondere unter Wilhelm II., einen starken Vorrang alles Militärischen im öffentlichen Leben mit sich bringt. Die Bürger waren und sind durchweg königstreu-preußisch und jetzt auch kaisertreu-deutsch eingestellt und übertragen diese Tendenzen auch in die Schützenvereine, zumal damit die Grundstimmung in weiten Kreisen der Bevölkerung getroffen wird.

Beispiele aus der Geschichte des SV Kamen:

1872 hatte der Verein ca. 350 Mitglieder. Eine enorme Zahl, wenn man bedenkt, daß die Stadt Camen damals (1871) nur etwa 3700 Einwohner zählte. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß z.B. 1877 nur 514 Männer für die Parlamente wahlberechtigt waren. Frauen durften damals nicht wählen.

1883. Eine Situation aus dieser Zeit

Wir befinden uns im Jahre 1883 in Camen. Am Abend des 28. Juni findet im Schützenhof, einem Lokal mit einem großen Festsaal in der Stadtmitte, eine quasi revolutionäre Versammlung statt. 95 Bürger sind dem durch die Presse verbreiteten Aufruf einiger aktiver Schützen gefolgt, sich für die Durchführung eines Schützenfestes in diesem Jahr einzusetzen, was der Vorstand des Bürger-Schützenvereins (BSchV) nicht beschließen wollte.

Ergebnis des Abends: Gründung eines neuen Schützenvereins unter dem Namen „Schützenbund“ und sofortige Wahl eines Vorstandes und eines Offizierskorps sowie Festlegung eines Termins für ein Schützenfest. Das alles geschieht in Opposition zu dem seit 1820 bestehenden Bürger-Schützen-Verein.

Was war geschehen, wie kam es zu dieser Entwicklung?

Das letzte Schützenfest des BSchV hatte 1878 stattgefunden. In den Folgejahren, und zuletzt am 8. Mai hatte dessen Vorstand beschlossen, auch in diesem Jahr kein Schützenfest zu feiern, u.a. mit der Begründung, die vielen Festlichkeiten der anderen Vereine in der Stadt ließen das Interesse erlahmen und überforderten die Bürger. Außerdem seien die letzten Versammlungen des BSchV sehr schlecht besucht gewesen, was ebenfalls als mangelndes Interesse gewertet wurde. Angeblich stände auch das Vereinsstatut der Feier in diesem Jahr entgegen und müsse daher überarbeitet werden. Das hatte zu Unruhe und Unmutsäußerungen unter den Mitgliedern und somit auch in der Bürgerschaft geführt. Jetzt ist für den Vorstand des BSchV Handlungsbedarf angesagt. Man wendet sich an den Bürgermeister Adolf von Basse.

BILD 15: Adolf von Basse (1852–1918)


Diesem gelingt es, die Kontrahenten zu einer Einigung zu führen. Am 5. Juli billigt die Generalversammlung des BSchV die Vereinbarung, am 12.07. tagen beide Vorstände gemeinsam und beschließen für den 4. und 5. August die Feier des Schützenfestes.

Treibende Kraft und maßgebliche Persönlichkeit der Schützen ist der Metzgermeister Wilhelm Ebbinghaus, der schon die Bürgerversammlung vom 28. Juni geleitet hatte.

BILD 16: Wilhelm Ebbinghaus (1831–1901)


Fazit:

Für die hier betrachtete Zeit des Kaiserreiches und auch darüber hinaus ist festzustellen:
Die Anerkennung als vollwertiger Bürger war verbunden mit der Uniform, wie beim Militär so auch bei den Schützen. Erst in unserer Bundesrepublik kommt es zum Umdenken: Stichwort: Bürger in Uniform: Jeder ist und bleibt Bürger, auch wenn er Uniform trägt.

1883 zeigt sich am Beispiel Kamen, daß das Schützenwesen in der Bevölkerung einen großen Rückhalt hatte. Die Schützen waren geachtet. Die tragende Schicht war das erfolgreiche Bürgertum.
Jedoch zeigte sich bald, daß im Zuge besonders der wirtschaftlichen und damit verbunden der sozialen Entwicklungen die allgemeine Zustimmung Risse bekam.
Nichts hat die Entwicklung unserer Stadt seit 1876 so sehr geprägt wie der Kohlebergbau.
Die Einwohnerzahl Kamens erhöhte sich von 3.700 in 1871 auf fast 11.000 im Jahre 1910.
Der Arbeitskräftebedarf wurde durch Zuwanderung besonders aus Schlesien, Ostpreußen, Bayern und Oesterreich gedeckt.
Die Bergarbeiter wurden in eigens für sie errichteten Wohnsiedlungen untergebracht. Durch die Vielzahl der Herkunftsländer und die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen kam es zu sozialen Konflikten. Sprachschwierigkeiten und Probleme der Akzeptanz durch die alteingesessene Bevölkerung belasteten das Verhältnis.
Das Leben der Neubürger spielte sich großenteils in eigenen Vereinen ab (z.B. Sportvereine, Knappenvereine, Gesangvereine).

1899 bekam der Bürgerschützenverein Konkurrenz. Es gründete sich ein zweiter Schützenverein, in dem sich besonders die Bergleute engagierten und dessen Mitglieder sich offensichtlich bei den Bürgerschützen nicht ausreichend akzeptiert fühlten. Zwar entwickelte sich zwischen beiden Vereinen ein gedeihliches Nebeneinander, aber große Freude dürften die Bürgerschützen an der Konkurrenz wohl nicht gehabt haben.

In der Kaiserzeit entwickelten sich große politische Gegensätze, die sich in den Parteibildungen widerspiegeln. Die Bürgerschützen dürften sich in erster Linie den Konservativen zugehörig gefühlt haben, die Arbeiterschaft, darunter in unserer Gegend besonders die Bergleute, dagegen zur Sozialdemokratie. Eine Kamener Zeitung berichtete 1963 von einem Vorfall aus dem Jahre 1903, als im Wahlkampf zur Reichstagswahl sozialdemokratische Flugblattverteiler von Mitgliedern eines Schützenvereins u. a. mit Säbeln und Schützenbüchsen verprügelt wurden.

Wir dürfen heute wohl sagen, daß in unseren Schützenvereinen sich Mitglieder aller demokratischen Parteien zu Hause fühlen können. Toleranz gegenüber Andersdenkenden und Menschen anderen kulturellen Hintergrunds sollte mittlerweile in allen Schützenvereinen gelebte Normalität sein, auch wenn man hört und liest, daß sich hier und da noch Wandlungen vollziehen müssen.

In der Weimarer Republik

Der 1. Weltkrieg brachte auch für die Schützenvereine Veränderungen mit sich. Viele Vereinsmitglieder hatten gekämpft, viele waren gefallen. Die monarchisch gesinnten Schützen fanden sich plötzlich in einer Republik wieder. Der verlorene Krieg schmerzte ihre nationale Gesinnung. Die schlechte wirtschaftliche Lage machte das Vereinsleben schwer.

In der gesellschaftlichen Spaltung der Bevölkerung fanden zudem extremistische Ideologien von Rechts und Links viel Zulauf, so daß die Schützen - zumal in Städten wie auch Kamen, die von Industrie und Bergbau geprägt waren - sich nur in einem Teil der Bevölkerung Sympathien erhalten konnten.

Die nostalgische Gefühlslage verhinderte eine Neuorientierung des Schützenwesens. Militärisches Gedankengut wurde weiterhin gepflegt.

Dazu ein Beispiel des Schützenvereins Kamen. Beim Schützenfest 1924 gibt man sich kriegerisch. Es wird eine sogenannte Felddienstübung veranstaltet, und bei einem Ausmarsch wird eine mit Attrappen ausstaffierte Artillerie-Abteilung mitgeführt, bestehend aus einem Geschütz, einem Minenwerfer und einem Panzer-Auto. Ähnlich war es beim Westlichen Schützenbund.

BILD 17: Westl. Schützenbund, vermutlich 1925

So ist es nicht verwunderlich, daß der verderbliche Virus des Nationalsozialismus auch in den Schützenvereinen einen Nährboden fand, zumal das die Vereine tragende Bürgertum dieser Zeit immer noch überwiegend national-konservativ eingestellt war.

Die Gleichschaltung ab 1933 erfaßt auch die Schützenvereine, und die Vereinsarbeit hat entsprechende Vorgaben zu befolgen.
Beispiele von großem Widerstand habe ich nicht gefunden. Das nationalsozialistische Regime läßt auch die Schützenvereine "säubern."
So beschließt der Schützengau Westfalen-West auf einer Verbandstagung, "alle als Marxisten bekannte Mitglieder" bis zum 1. Mai auszuschließen.
Schon am 13. Jan. 1934 nimmt z.B. die Generalversammlung des Bürgerschützenvereins Kamen eine neue Satzung an, die der neuen Mustersatzung des Deutschen Schützenbundes entspricht und das „Führerprinzip“ der NS-Ideologie zwingend vorschreibt. Die Aktivität des Vereins dient nun „zur Förderung der Wehrkraft des Volkes“. Der Vorstand muß „nationalsozialistischer oder nationaler Gesinnung sein“.

In diesem Zusammenhang dürfen wir ein besonders trauriges und beschämendes Kapitel des Schützenwesens nicht ausblenden: die Ausgrenzung der jüdischen Mitbürger.

BILD 18: Sally Jacoby (1869–1929), Schützenkönig 1900


1812 erhalten die Juden in Preußen durch das Hardenbergsche Edikt die bürgerlichen Freiheiten und damit die Gleichstellung mit den übrigen Untertanen.
Juden nehmen nun auch am öffentlichen Leben teil, und sie werden offensichtlich akzeptiert.
Auch hier darf ich wieder Beispiele aus der Geschichte des Bürgerschützenvereins Kamen bringen.
Ein offizielles Schreiben der Junggesellen-Schützengilde aus dem Jahre 1824 wird u. a. von den beiden jüdischen Offizieren Isaac Herzberg und Elias Marcus mitunterzeichnet.
1846 wird Samuel Ney sogar Schützenkönig.
Auch im Jahre 1900 schießt ein jüdischer Mitbürger den Vogel ab: Sally Jacoby. 1902 wird er als Beisitzer in den Vorstand gewählt.

Besonders in der Ära Wilhelms II. und nach 1918 nimmt der Antisemitismus in Deutschland zu. Daran ändert auch der Opfertod vieler jüdischer Soldaten im 1. Weltkrieg nichts. Auch vor den Schützenvereinen macht er nicht halt.

Das Klima verschlechtert sich allmählich für die Juden, von denen viele die tödliche Gefahr offensichtlich nicht wahrhaben wollen. So ist es erstaunlich, daß der Bürgerschützenverein Kamen 1933 noch 5 jüdische Mitglieder hat, die z.T. noch bis zum Ende des Jahres treu und brav ihre Beiträge bezahlen. 3 von ihnen werden deportiert, davon 2 im KZ ermordet, 1 ist verschollen, 2 haben überlebt.

Am Rande will ich noch eine besondere geistige Strömung im 19. Jahrhundert erwähnen, die auch im Bürger-Schützenverein Kamen Sympathisanten hatte: Die Freimaurerei. Sie pflegt aus Überzeugung die fünf Grundideale Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Freimaurer waren der erste Oberst Julius Ohswaldt und der zeitweilige Präses des Vereins, der Zeitungsverleger Wilhelm Felting. Ihr Einfluß hat wohl keine dauerhafte Wirkung gehabt. Auch Bürgermeister Adolf von Basse war Freimaurer.

BILD 19: Wilhelm Felting (1840–1897)

5. Die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg:

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Das Ende des 2. Weltkrieges brachte für die Deutschen einen ungeheuren Einschnitt in ihr politisches und kulturelles Leben. Das Elend war riesengroß, und alle Kräfte wurden für den Wiederaufbau benötigt. Die westlichen Siegermächte begannen, die Deutschen in ihrem Besatzungsgebiet allmählich an einen demokratischen Aufbau von Staat und Gesellschaft zu gewöhnen. Alles, was nur irgendwie den Anschein hatte, in das gedankliche Umfeld des Nationalsozialismus und Militarismus zu gehören, sollte keine Rolle mehr spielen dürfen. Dazu zählten die Sieger auch die Schützenvereine. Sie wurden verboten, und, wie im Falle des Bürgerschützenvereins Kamen, wurde ihr Vermögen beschlagnahmt und einer Sonderverwaltung unterstellt. So konnten sich die Kamener Schützen erst nach Gründung der Bundesrepublik wieder sammeln und ein Vereinsleben aufbauen.

BILD 20: Polonaise Schützenfest 1978


1950 beginnt eine großartige Zeit des Aufschwungs und der erneuten Vereinsblüte. In friedlichen Zeiten können bis heute Schützenfeste gefeiert werden, die dank des selbstlosen Einsatzes vieler Schützenkameraden und natürlich auch der Schützenfrauen zumeist große Volksfeste sind, die noch lange in Erinnerung bleiben werden.

An dieser Stelle darf ich noch einmal auf die Stellung der Frauen in den Schützenvereinen eingehen. Eingangs hatte ich die weibliche, mit Helm und Panzer bekleidete Figur als Symbol für den zu schützenden Teil der Gesellschaft bezeichnet. Die Frauen haben sich seit den 1950er Jahren in den meisten Vereinen zu einem nicht nur unverzichtbaren sondern auch voll gleichberechtigten Teil der Schützengesellschaft entwickelt, sowohl im Schießsport als auch im Traditionsbereich. Im Schützenverein Kamen ist 2012 erstmalig eine Schützin aus eigener Leistung zu königlichen Ehren gelangt.

Für den Schützenverein Kamen darf ich feststellen, daß es nach dem Krieg nach einer längeren Phase gelungen ist, die zunächst noch starken Vorbehalte sowohl einiger Schützen als auch seitens vieler gewählter Bürgervertreter abzubauen und zu einem freundschaftlichen Miteinander zu kommen, zum Wohle unserer Stadt und ihrer Bürger.

Als Belege dafür darf ich erwähnen:

- Beim Festakt zum 150jährigen Bestehen hielt der damalige Landrat des Kreises Unna und spätere NRW-Kultusminister Jürgen Girgensohn die Festrede.

- Der Schützenverein Kamen stiftete aus dem gleichen Anlaß die erste Amtskette für den Bürgermeister.

- Seit 1973 ehrt der Schützenverein Kamen zu jedem Schützenfest eine Persönlichkeit aus der Kamener Bürgerschaft mit dem Orden "Kömscher Bleier" für besondere Verdienste für die Stadt Kamen und ihre Bürgerschaft. Der letzte so Ausgezeichnete ist unser inzwischen pensionierter Bürgermeister Hermann Hupe.


BILD 21: Das 1. Festheft zum Fest 1976

- Seit 1976 gibt der Verein zu jedem Schützenfest eine kostenlose Festzeitschrift heraus, in der unsere Mitbürger mit den Ereignissen aus dem Vereinsleben und mit Themen aus dem Schützenwesen und seiner Geschichte bekannt gemacht werden.

- Und jüngst hielt beim Festakt zum 200jährigen Bestehen NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach die Festrede.


Das Vereinsleben heute ist geprägt von der Pflege alter Traditionen sowie des Schießsportes, wobei der Geist kameradschaftlicher Eintracht oberste Verpflichtung ist.

6. Situation heute und Ausblick:

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Zur Situation des Schützenwesens heute läßt sich feststellen:

Die Schützenvereine genießen in unserer Zeit immer noch ein hohes Ansehen, das aber auf anderen Aspekten beruht als in den ersten etwa 3–4 Jahrzehnten nach dem letzten Krieg. Das traditionelle Schützenwesen mit Vogelschießen und Schützenfesten hat etwas an Bedeutung verloren.

Das Brauchtum mit vielen Zeremonien und Äußerlichkeiten stößt vielfach auf Desinteresse und Unverständnis. Ein weit gefächertes Angebot sichert den Menschen und insbesondere der Jugend eine individuelle und mit möglichst weniger verpflichtenden Regeln auskommende Nutzung der Freizeit.

BILD 22: Titelseite Festheft 2018


Positiv dagegen ist die Entwicklung des Schießsportes, was immerhin einen deutlichen Wunsch nach eigener Leistung erkennen läßt.

Der Schützenverein Kamen kann auf diesem Gebiet von zunehmendem Interesse berichten, das allerdings zurzeit den Rückgang im Traditionsbereich nicht ausgleichen kann. So bietet der Verein neben dem Schießsport mit Luftdruckwaffen auch das Bogen- und neuerdings auch Blasrohrschießen und das Darten an. Dazu hat der Verein durch umfangreiche Investitionen optimale Bedingungen zur Ausübung dieser Sportarten geschaffen.

Vereine, die über eigenen Besitz an Baulichkeiten und Anlagen verfügen, so wie auch der Schützenverein Kamen mit der Schützenheide, stellen diese auch der Bürgerschaft für andere Veranstaltungen zur Verfügung, z.B. für Tagungen oder diverse Festlichkeiten.

Jüngstes Beispiel: Nach der Kommunalwahl im September 2020 konstituiert sich der neugewählte Rat der Stadt Bergkamen am 4. November in der Bogensporthalle des Schützenvereins Kamen in der Schützenheide, da diese zur Einhaltung der Verpflichtungen für den Gesundheitsschutz in der gegenwärtigen Corona-Pandemie optimale Voraussetzungen zur Durchführung dieses Ereignisses bietet.

BILD 23: Vereidigung des neuen Bergkamener Bürgermeisters Bernd Schäfer am 4.11.2020


Somit ergibt sich auch für die Schützenvereine – wie grundsätzlich für alle Vereine – die Chance, zur Lösung der heutigen gesellschaftlichen Probleme, wie die Migration, einen sinnvollen Beitrag zu leisten.

Das Böckenförde-Diktum

Von dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde (* 19. September 1930 in Kassel; † 24. Februar 2019) stammt die Feststellung:

„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann."

Ich will diese Feststellung nicht im Einzelnen interpretieren.
Aber zu diesen Voraussetzungen gehören sicherlich demokratische Grundüberzeugungen, freiheitliches, tolerantes Denken und Handeln. Die Gesellschaft und der Staat können, ja müssen dazu beitragen, diese Voraussetzungen zu fördern. Handeln sie nicht, kann unsere Demokratie Schaden nehmen.
Die Gemeinschaft der Bürger wiederum darf von den Vereinen erwarten, daß sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten diese Grundüberzeugungen auch über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus in ihrem Vereinsleben umsetzen.

Wir Schützen dürfen uns freuen, daß unsere Vereine durch ihre Möglichkeiten mithelfen, das Miteinander in unserer Demokratie, in unserer Gesellschaft zu fördern und zu unterstützen.

Wir sind sicher, daß der traditionelle Schützengeist uns helfen wird, die schwierige Zeit der Corona-Pandemie mit hoffentlich nur geringen Einbußen zu überstehen.

Horrido, Gut Schuß, Alles ins Gold, Gut Dart!

 

7. Quellen und Literatur:

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1. Episode zu Abschnitt 1. Einleitung: aus Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter, S. 419ff. Quelle: Genter Annalen von 1308/10, darin erwähnt: 28.06.1301. (Gent war um 1300 zweitgrößte Stadt nördl. der Alpen).

2. Hans-Thorald Michaelis: Schützengilden, Ursprung - Tradition - Entwicklung, München 1985.

3. Klaus Goehrke: Burgmannen, Bürger, Bergleute. Eine Geschichte der Stadt Kamen, 2010.



Bildnachweise:

1. Schützen-Scheibe von 1612:
Karl-S. Kramer - Joachim Kruse: Das Scheibenbuch des Herzogs Johann Casimir von Sachsen-Coburg, Kunstsammlungen der Veste Coburg, Coburger Landesstiftung Coburg 1989. S.156 und 157. Reproduktion Fotomeister Klaus Leibing, Kunstsammlungen der Veste Coburg

2. Eine zeitgenössische Darstellung der Schlacht von Azincourt 1415: gemeinfrei, urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen

3. Schützenmahl, Gemälde von Bartholomeus van der Helst: Original im Rijksmuseum Amsterdam, gemeinfrei, urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen

4. Schnadegang 1568, Foto Urkunde aus 1568: Stadtarchiv Kamen

5. Breslau: Schützen- und Vogelkönig am Ende des 17. Jh.: Teresa Kulak: Breslau, Ein historischer Stadtführer, Ausgabe Wroclaw 2006. Seite 138

6. Breslau: Der Festzug: Teresa Kulak: Breslau, Ein historischer Stadtführer, Ausgabe Wroclaw 2006. Seite 138

7. Silberlöffel 1785: Privatbesitz

8. Nachtwache (Rembrandt) von 1642: Original im Rijksmuseum Amsterdam, gemeinfrei, urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen

9. Hambacher Fest 27. Mai 1832: Kolorierte Lithographie von Chr. Heineld, Copyright Stadtmuseum Neustadt an der Weinstraße

10. Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha: File: Ernst II of SCG.jpg, gemeinfrei, urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen

11. Der preußische Adler: Datei Preußischer Adler.svg, Urheber: Zeichnung von David Liuzzo

12. bis 22.: Archiv des Schützenvereins Kamen

23. Vereidigung von Bürgermeister Bernd Schäfer am 4.11.2020: Foto Marcel Drawe, Hellweger Anzeiger